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Außenansicht der Klosterhofs mit Lichthaus. Foto: Jörg Hempel.

Pfarrkirche, Ordensgemeinschaft und eine Bibliothek

Arnsberg: Ehemaliges Kloster Wedinghausen Propsteikirche St. Laurentius

Über Jahrhunderte schrieb das Kloster Wedinghausen europäische Kultur- und Geistesgeschichte. An dem wichtigen Knotenpunkt im Netzwerk der Prämonstratenserchorherren entstanden bedeutende mittelalterliche Handschriften, die heute zum Teil in der Klosterbibliothek ausgestellt und aufbewahrt werden. 1794 kam der Kölner Domschatz mit seinem weltberühmten Schrein und den Gebeinen der Heiligen Drei Könige in der Klosteranlage unter, um hier vor Napoleons Häschern geschützt zu werden. Das schon im Mittelalter und der frühen Neuzeit als Pfarr- und Klosterkirche der Stadt genutzte Gotteshaus ist seit 1859 die Propsteikirche St. Laurentius.

Streit und Sühne

Auf dem Hof Wedinghausen, ungefähr ein Kilometer südlich der Burg Arnsberg, bestand schon eine Kirche als Graf Friedrich der Streitbare von Arnsberg 1124 starb und dort begraben wurde. Sein Enkel, Graf Heinrich I., geriet 1164 mit seinem jüngeren Bruder Friedrich in Streit und ließ ihn bei einer Messe ergreifen. Friedrich wurde auf Burg Arnsberg inhaftiert und starb. Sein Tod erregte großes Aufsehen. Die Burg wurde 1166 erobert und Graf Heinrich I. des Landes verwiesen. Kaiser Friedrich I. trat für ihn als seinen Verwandten ein und bewahrte Heinrich I. vor der Vollstreckung der Strafe. Zur Sühne für den Tod des Bruders - so die spätere Klostertradition - stiftete Heinrich I. in Wedinghausen 1170/73 ein Prämonstratenserkloster, welches sich schnell zu einem geistigen Zentrum entwickelte (Skriptorium, um 1300 Klosterschule). Die Frauenstifter Rumbeck (um 1190) und Oelinghausen (1174) waren Tochterklöster Wedinghausens.

Blütezeit: bilden und bauen

Reformatorischen Bestrebungen im 16. Jahrhundert trat das Kloster entschieden entgegen. Abt Reichmann (1613–1643) leitete eine Blütezeit ein: Er bereitete die Gründung eines Gymnasiums vor (1643). Abt Reinhartz (ab 1663) legte großen Wert auf die Musikalität der Konventualen: Jeder musste ein Instrument spielen. Seit 1644 wurden Theaterstücke eingeübt und aufgeführt. Eine rege Bautätigkeit begann in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts: 1666 wurde die neue Prälatur fertig, 1691 der Pförtnertrakt errichtet, 1693/94 die Bibliothek gebaut, 1714/17 der Westflügel für das Gymnasium (heute Stadtarchiv) ausgebaut.

Bauern und Adligen

Wedinghausen war das einzige Prämonstratenserstift Westfalens, das auch Bürger- und Bauernsöhne aufnahm. Der letzte Abt Franz Fischer (1781–1806) war ein Bauernsohn aus Calle. Wegen des hohen Ansehens des Stifts bemühten sich viele Adelsfamilien (z.B. von Fürstenberg, von Landsberg, von Dücker) um Gruften in der Kirche und trugen so zur prachtvollen Ausstattung bei.

Zufluchtsort des Kölner Domkapitels

Als französische Revolutionstruppen 1794 an den Rhein vorrückten, mussten Kurfürst Max Franz von Österreich (1756–1801) und das Kölner Domkapitel flüchten. Das Domkapitel wählte Wedinghausen zu seinem Sitz. Mit dem Domschatz, dem Schrein und den Reliquien der Heiligen Drei Könige wurden auch die Dombibliothek und das Domarchiv versteckt. Seit dem Tod des Kurfürsten im Juli 1801 regierte das Domkapitel und wählte am 7. Oktober 1801 Anton Viktor von Österreich zum neuen Kurfürsten. Doch der trat das Amt nicht mehr an.

Auflösung

Im September 1802 besetzten hessisch-darmstädtische Truppen Arnsberg und das Herzogtum, einen Monat später wurde das Domkapitel entmachtet. Landgraf Ludewig X. von Hessen-Darmstadt ließ Wedinghausen im November 1803 aufheben. Der Abt und die 24 Konventualen mussten das Kloster verlassen. Geld, Besitz und Renten gingen an den Staat, die Kostbarkeiten der Bibliothek wurden nach Darmstadt gebracht.

Das Kloster heute

Große Teile der Klostergebäude haben sich erhalten. Die katholische Propsteigemeinde St. Laurentius (Pfarrkirche, Ostflügel, Prälatur) und die Stadt Arnsberg (Westflügel, Bibliothek) sind die heutigen Nutzerinnen. Seit 2020 bewohnt die katholische Gemeinschaft Shalom den Ostflügel des ehemaligen Klosters im Obergeschoss. Kreuzgang und Kapitelsaal sind 2021 nach 6 Jahren Renovierungsarbeiten feierlich eröffnet worden.

Anfahrt

Adresse:

Klosterstraße 1
59821 Arnsberg

ÖPNV:

Vom Bahnhof Arnsberg mit den Buslinien R71 oder C10 bis Haltestelle Neumarkt
(verschiedene Buslinien).

Kontakt:

Ehemaliges Kloster Wedinghausen
Propsteikirche St. Laurentius

Pfarrbüro Probstei St. Laurentius
Tel.: 02931 3403
Mail: pfarrbuero@pr-arnsberg.de
www.arnsberg.de/kloster-wedinghausen

Öffnungszeiten

Samstags von 17:30 – 19:30 Uhr (Vorabendmesse),
Bis zum Gitter täglich von 9.00 – 16.00 Uhr geöffnet.